BG Kritik: „Man of Steel“
Als Krypton zerbröselt, schickt Jor-El seinen Sohn in einer Rettungskapsel gen Erde und seinen Erzfeind General Zod, der ihn bei einem Putsch stürzen wollte, ins interplanetarische Kittchen. Drei Dekaden später taucht Zod dann ergraut, bärtig und ungeheuer sauer mit seiner Legion von Space Marines auf der Erde auf, um dem entkommenen Früchtchen die Leviten zu lesen – doch dieser trägt mittlerweile ein rotes Cape und kann Laser aus seinen Augen schießen…
MAN OF STEEL (2013)
Regisseur: Zack Snyder
Cast: Henry Cavill, Amy Adams, Michael Shannon
Kritik:
Spätestens als DC’s Bad Boy Batman mit seinem zweiten Film über eine Milliarde Dollar einspielte, schielte alles auf Kryptons verlorenen Sohn. Zu dem Zeitpunkt erst kürzlich durch Bryan Singer gekratert (wir erinnern uns an eine rote Unterhose, an den fast völligen Verzicht auf Actionszenen (abgesehen von einem tollen ersten Heldenmoment bei der Flugzeugrettung), an einen Lex Luthor, dessen hanebüchener Plan es war die US-Küste zu fluten um Grundstücke auf einer grünen Kristallinsel verschachern zu können, an Lois‘ Freund Richard, der letztlich den Tag retten musste weil Superman nicht konnte, sowie an einen Superman als Daddy, der deprimiert aus dem All zuhören durfte, wie jemand anderes sein klavierwerfendes Kind großzog), blickte Supes ohnehin schon auf eine schwere Vergangenheit zurück. Nicht unbedingt nur wegen Superman III, und schlimmer noch, Superman IV: The Quest for Peace mit Nuclear Man und Alan aus Two and a Half Men, sondern auch, weil gerade in den 90ern bereits mehrfach kläglich versucht worden war, Superman wiederzubeleben. Einmal mit einem mit Eisbär kämpfenden, schwulen Roboter; einmal mit einer Riesenspinne (die dann in Wild Wild West landen würde), einmal mit Nicolas Cage als Superman und mit diversen Batman vs. Superman Ideen, die unter anderem von Wolfgang Petersen und Brandon Routh gesponnen wurden. Aus all diesen Konzepten wurde nichts und als auch Superman Returns alles andere als Superman returnen ließ, blieb ein allgemeines „hm“.
Da die Superman-Rechtebesitzer drohten jene zu verlieren würden sie nicht rasch einen neuen Film machen, gibt es nun Man of Steel, ein archaisch aus dem Boden gestampfter neuer Film zum Capeträger, der sich eisern an Mutter Dark Knights Rockzipfel klammert. DC bekniete Christoper Nolan auch diesen Superhelden zu machen, doch als er nicht wollte, ließ sich zumindest aushandeln, dass er als Producer bliebe, er und sein Bruder die Story entwickeln würden und Batman-Drehbuchautor David S. Goyer den Stift schwingen würde. Kann der neue versuchte Anlauf denn nun dieses Mal abheben oder rammt Zack Snyder, der mit seinem Dawn of the Dead Remake erst Zombies neues Leben einhauchte, mit 300 einen der visuell einprägsamsten Unterhaltungsfilme schuf (auch wenn der prägnante Nine Inch Nails Song aus den Trailern im Film fatal fehlte) und mit Watchmen den wohl fraglos ambitioniertesten aller Superhelden-Comicfilme gemacht hat, Supes genauso in den Boden wie seinen (für viele) missglückten Videogame/Anime Salat Sucker Punch?
Zunächst sei festgestellt, dass Man of Steel kein The Dark Knight ist. Es gibt einige Parallelen zu den Batman Filmen von Christopher Nolan, aber wer sich das gleiche mit einem anderen Helden erwartet, liegt falsch. Identisch ist der Ansatz, Kal-El anfangs als Globetrotter zu sehen, der sich auf der Suche nach der eigenen Bedeutung allein in der Welt herumschlägt, dazu gibt es vergleichbar desaturierte Farbwelten und einen ähnlichen Klanggewitterscore (wieder Hans Zimmer) und eine ähnliche Ernsthaftigkeit (genau genommen ist dieser Superman sogar ernster und weitaus zynischer als der aktuelle Batman, aber dazu gleich noch mehr). Da hören die Gemeinsamkeiten aber auch schon auf. Was Supes beispielsweise offensichtlicher Weise nicht hat, ist Batman Begins‘ Hang dazu, alle Details des Projekts Batman auf etwas Nachvollziehbares, Reales zurückzuführen. Wo der Anzug herkommt, das Auto, die Waffen etc. Superman ist schlichtweg ein Alien, was bereits in der rund 20 Minuten langen Introsequenz deutlich gemacht wird, die direkt mit außerirdischer Architektur, Flora und geflügelten Reittieren daher kommt und die Tür zum Fantasievollen direkt mit Schwung auftritt. Überhaupt hat der Film wenig bis kein Interesse an der menschlichen Seite Supermans. Es gibt keinen Clark Kent, keinen schusselig liebenswürdigen Reporter, nur jugendlichen Frust, wieso er denn nicht einfach wie die anderen Kinder sein kann.
Wer das ernste an Batman Begins mochte, wird sich in Snyders neuer Vision vom S weitestgehend wohlfühlen, denn er wählt zwei Mittel, jeden vergessen zu lassen, wie albern auch das neue Kostüm Supermans noch immer ausschaut. Uno: die Gegner. Zod und seine Soldaten sind unheimlich und so übermächtig gewaltig, dass sie fast allen bisherigen Superheldengegner mickrig aussehen lassen. Den Destroyer aus Thor oder Red Skull aus Captain America? Allein Zods Handlangerin Faora (Antje Traue aus Pandorum) ist so ein Kriegerformat, dass sie beide zum Frühstück verputzen würde. Dos: ihre Motive. Zod will nicht einfach nur Geld, er will das Ende der Welt und zeigt sehr eindrucksvoll, dass er das in Windeseile erreichen kann. Die Bedrohung ist also immens, wie es sich für einen Superhelden mit derart starken Mächten gehört, und Snyder ist überaus für das daraus resultierende Spektakel zu loben. Kämpfe wie diese hat man seit der Matrix Trilogie nicht mehr gesehen, und auch wenn es über eine Stunde dauert bis es anfängt zur Sache zu kommen, ist die Action in Man of Steel bodenerschütternd sensationell. Dass die Kämpfe auch charakterlich gut ankommen, ist Shannon und Traue zu verdanken, die ihre Verbissenheit packend spielen und die mehr als nur böse sein dürfen, verständliche Hintergründe haben (auch wenn nicht ganz final ausgearbeitet). Schade ist andererseits, dass Henry Cavill als Superman selbst relativ distanziert bleibt. Lange Zeit ist er der ratlose Junge, der sich ständig von verschiedenen Individuen Monologe über Bestimmung und Schicksal anhören darf, doch abgesehen von der Entscheidung, sich für die Menschheit gegen die ankommenden Rabauken aus dem All einzusetzen und dem allgemeinen gelungenen Posen in unzähligen Postkarten-Shots, macht/entscheidet/erlebt die Persönlichkeit Supermans nicht viel… und fesselt somit auch nicht sonderlich, bleibt hinter anderen, markanteren Helden zurück.
Snyder und Goyer versuchen Supermans charakterliche Leere in einen gewaltigen Umhang tragischer Großgeschichte zu kleiden, doch eine kohärente Geschichte wie in Batman Begins ist ihnen nicht möglich. Man of Steel ist überladen mit Exposition, die zwar in Einzelteilen funktioniert – egal ob Kevin Costner als Menschenvater, Russell Crowe als Kryptonvater, Russell Crowe als Hologrammvater, Michael Shannon als fragwürdiger Anbieter einer gemeinsamen Zukunft, sie alle sind als Mentorenfiguren solide – aber im Gesamtbild ist es zuviel. Hinzu kommt, dass der Film in emotionale Richtungen zu lenken versucht, in die man nur schwer folgen will. Als Superman sich für die Welt einsetzt, kennt diese den bislang anonymen Herumtreiber nicht; wir wissen aber, dass die Planetenbedrohung Zod nur erst wegen ihm herkam, dh, ohne ihn hätten sie das ganze Schlamassel gar nicht erst. Dann die Kämpfe: der ansonsten immer sorgsame Superman trägt seine Kämpfe in diesem Film mitten in bewohnten Stadtzentren aus, was beim Umfang der Action abertausende Tote bedeutet. Sie wollen ihn, da er etwas bei sich trägt was sie brauchen, dennoch kommt er nie auf die Idee, die Gefahren aus den Städten herauszubringen. Er rettet (bis auf seine Freundin) auch niemanden wirklich, hält keine einstürzenden Gebäude auf oder ähnliches. Zumindest das muss man Bryan Singer zugestehen: er konnte Superman erfolgreich als stolzen Helden zeigen.
Die Schwere scheint auch nicht nötig. Selbst der so ernste Nolan ließ in jedem seiner Batman Filme Luft für kleine auflockernde Späße (in der Regel durch einen frechen Bruce Wayne), doch bei dem Versuch über alle Maße episch und tragisch zu sein, unterliegt Man of Steel seinem eigenen Anspruch, verheddert sich in zu vielen Flashbacks, hört zu oft, welche große Bestimmung er habe. Wozu das führt? Abseits der fulminanten Actionszenen ist Man of Steel somit offen gesagt oft sehr langatmig, insbesondere die ersten 60-90 Minuten sind zäh. Als neue Lois wird Amy Adams sinnlos verbraten, die immer nur zweckgebunden in Erscheinung tritt – entweder, damit ihr als Dummchen jemand vom Militär die aktuelle Lage erklären kann, oder, damit Superman jemanden zu retten hat (jemanden den man kennt – all die anderen muss man nicht retten), und ihre leicht aufkeimende Lovestory bleibt eiskalt, da nicht ansatzweise verständlich ausgeführt.
Fazit:
Man of Steel hat die wohl destruktivste aller Superheldenaction und Snyder ist zunächst schwer dafür zu loben, dass Supes mal nicht mit Kryptonit in Schach gehalten wird, die Gegner seiner Stärke entsprechend umso gewaltiger sind und man mit Shannon, Crowe, Costner, Traue und Cavill eine durchaus ordentliche Besetzung landen konnte. Bei dem Anspruch das größte aller Superheldenepen zu werden, verheddert sich Supes aber in seinem roten Mantel und stolpert des öfteren, ist langatmig, landet tonal nicht immer glücklich und bleibt trotz endloser Flashbacks und Exposition relativ einsilbig. Ein wuchtiger Start, der zwar inhaltlich nicht mit den Starts von Iron Man oder Batman mithalten kannn, um den Fans großer Comicaction aber nicht drumherum kommen werden.
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