BG Kritik: „Alex Cross“

14. Juli 2013, Christian Mester

ALEX CROSS (2013)
Regie: Rob Cohen
Cast: Tyler Perry, Matthew Fox


Story:

Alex Cross (Tyler Perry) ist der beste Ermittler den es gibt: scharfsinnig, jedem jederzeit voraus und selbst überlegenden Gegnern überlegen. Sein Gegner? Der psychopathische Auftragskiller Picasso (Matthew Fox), der bevorzugt viele Klimmzüge und anderen den Garaus macht. Sehr zum Wohle der Unterhaltung versprechen diese Zwei, zu konfliktieren.

Vom Regisseur von The Fast and the Furious (Teil 1), xXx (Teil 1) und Stealth, mit US-Megastar Tyler Perry, dessen Filme in der Heimat über 600 Millionen Dollar einspielen konnten, basierend auf der 19teiligen Romanreihe von James Pattersson, der weltweit über 250 Millionen Mal gelesen wurde. BÄM.

Kritik:
Es gab mal einen ersten Alex Cross Film, der da hieß „Denn zum Küssen sind sie da“, mit Morgan Freeman als alternden, weisen Alex Cross. Der lief halbwegs okay, okay genug, um ein paar Jahre später noch einen zweiten Teil folgen zu lassen, der da hieß „Im Netz der Spinne“. Der ebenfalls okay lief, allerdings wohl dann doch nicht mehr genug, als das man das noch weiter hätte ausbauen können. Jedenfalls gehört Cross fraglos mit zu den Romanfiguren, die es trotz großen Erfolges auf dem Papier bisher noch nicht dauerhaft ins Kino schaffen konnten.

Da sich die Buchreihe nach wie vor wie geschnitten Brot verkauft, musste aber natürlich irgendwann ein neuer Versuch her und das ist nun dieser, der insgesamt auf – natürlich – fitter und flotter getrimmt ist. Cross ist nicht mehr länger im Rentneralter, sondern 20 Jahre jünger, er läuft statt mit Stift und Zettel mit geladener Shotgun herum, und sein Gegner ist ein Mann, vor dem selbst Ivan Drago Muffensausen bekäm. Vom Regisseur des ersten Fast & Furious – also ein derber Actionthriller?

Wohl eher derp als derb, denn was Rob Cohen hier zusammengedreht hat, lässt die drei Fragezeichen zu vieren werden. Da wäre first and foremost Tyler Perry, der es in einer knappen letzten Instanz schaffte, Idris Elba (Prometheus, Thor, Luther) die berühmte Schnüfflerrolle vor der Nase wegzuschnappen. Im Vergleich: Elba ist ein fast 2m großer, durchaus trainierter Schrank, der zudem ein starker Schauspieler ist, der Autorität, Kühnheit und, besonders wichtig für Cross, ehrlichen Scharfsinn ausstrahlt. Perry hingegen ist ein rundlicher Pausback, der einzig in Frauenkleidern ala Mrs Doubtfire in unzähligen B-Komödien bekannt wurde. Ein Mann, der in seiner ganzen Art eher fürsorgliche Gouvernante ist, der ein Glas Cola aufregend findet und der vor allem immer deplatziert aussieht, hat er plötzlich eine Kanone in der Hand. Ihn als Cop zu inszenieren, erscheint wirr, diesen mit Rettungsring um den Hüften gegen einen muskulösen Auftragskiller (!) antreten zu lassen, erscheint wahnsinnig. Also spannend? Nein, da Perrys Rolle ein Reh im Scheinwerferlicht bleibt und er mehr Dusel als Talent hat, den alsbald durchdrehenden Fox bis zum Showdown überleben zu können.

Den Wahnsinn hat Losts Matthew Fox wohl mit Müsli zum Frühstück geschaufelt, denn als soziopathischer 3-Prozent-Körperfettfreak ist er zuweilen sogar grandios und so gefährlich wirkend, dass man inständig hoffen mag Cross laufe ihm besser nicht über den Weg… wäre man denn je für Perrys Figur. Was man einach nicht sein kann, da der Film da nichts liefert. Dass er gemütlicher und nicht allzu tödlich wirkt, ist kein Problem – das war Morgan Freeman auch nicht. Freeman hingegen erschien jedoch eindrucksvoll raffiniert und kommandierend. Perrys Cross hat indes nichts, was ihn als Ermittler auszeichnen, oder seinen Ruf gerechtfertigen würde. Er hat aber auch wiederum nichts, was ihn als charismatische Filmfigur zeigt. Sein Privatleben ist langweiligste Soap, seine Cop-Partner sind gar die mit Abstand schlechtesten der letzten 10 Jahre Polizeifilmgeschichte. Edward Burns und Conan-Braut Rachel Nichols langweilen sich als fade Nichtfiguren durch platteste Copklischees, lassen Cop Out wie einen Orson Welles aussehen und schaffen mit Kommissar Cheeseburger ein Inspektorentrio, das es selbst im ermittlungsgeilen Fernsehkosmos nicht über den Pilotfolge hinaus schaffen würde. Und Fox? Ist er anfangs noch einschüchternd, verpasst ihm das Script bis zum Ende hin immer dümmlichere Ansprachen, sodass man recht schnell hofft, Picasso vangoghe endlich.

Dass der Film sich inmitten der rundum spannungslosen, wendungslosen, immer wieder mit miserablen Actionszenen gewürzten Momente hier und da mal recht finstere Ideen traut, fällt auf und ist fast zu loben. Wenn auch nicht lange, da der Film wiederum nichts aus diesen wenigen kurzen Ansätzen macht, und emotional kahl wie die beider Hauptfiguren Köpfe bleibt. Rob Cohen gehörte noch nie zur A-List Hollywoods (zu den oben genannten Filmen kämen noch Daylight, Dragonheart, Dragon: Die Bruce Lee Story, The Skulls, Die Mumie 3), aber bisher war er immer ein solider, unterhaltsamer Filmemacher, dessen Titel man sich zumindest mit gesenkten Erwartungen immer freudig anschauen konnte. Was zu so einem belanglosen, lieblos umgesetzten, planlos gespielten und essentiell fehlbesetzten Polizeithriller führte, bleibt Cross‘ größtes Rätsel. Wieso Alex Cross in 30 Ländern zusammen nur 4,5 Mio Dollar einspielte und hier direkt auf DVD startet? Entfernt verständlich.

Fazit:
Atemberaubende Action, unfassbar packender Thrill und unverkennbar scharf gezeichnete Charaktere sind allesamt Argumente, die ganz zweifellos für einen unterhaltsamen Alex Cross Film sprechen, der die beliebte und überaus erfolgreiche Romanfigur ohne Umwege in den Filmolymp holen könnte. Vielleicht bald mal, denn Rob Cohens Variante macht das nicht.

2 / 10

Autor: Christian Mester

Dieser Filmenthusiast (*1982) liebt es, manchmal auch mit Blödsinn, Leute für Filme zu begeistern. Hat BG im Jahr 2004 gegründet und ist dann für Pressevorstellungen, Interviews und Premieren viel rumgereist, hat als Redakteur u.a. für GameStar geschrieben, war dann mal Projektleiter in einer Werbeagentur mit Schwerpunkt dt, Kinostarts und - schaut gerad vermutlich schon wieder was.

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