BG Kritik: „Assassin’s Creed“

14. Juli 2016, Christian Mester

Assassin’s Creed (FR 2016)
Regisseur: Justin Kurzel
Cast: Michael Fassbender, Marion Cotillard, Jeremy Irons
Story: Eigentlich zum Tode verurteilt, sieht sich Sträfling Callum Lynch überraschend im letzten Moment gerettet. Eine mysteriöse Firma kauft ihn frei, um ihn zum Teil eines Experimentes werden zu lassen. Mit Hilfe futuristischer Technologie bereist er sodann die Erinnerungen seiner Vorfahren, um der Firma ein legendäres Artefakt zu suchen…

Ein Sprung neben den Heukarren.

Wer sich die Spiele ansehen will, sollte unbedingt die sogenannte Ezio Trilogie spielen…

Es hätte alles klappen können. Justin Kurzel, Regisseur der gewaltigen MacBeth Neuinterpretation von neulich, über 100 Millionen Dollar Budget, dazu die Schwergewichte Michael Fassbender, Jeremy Irons und Marion Cotillard in Hauptrollen – die allesamt sicherlich nie vorhatten, in einer Gameverfilmung Marke Street Fighter: The Legend of Chun-Li oder Super Mario Bros mit Bob Hoskins mitzuspielen – sowie große Versprechungen vom Hause Ubisoft, eine niveauvolle Filmreihe auf die Beine stellen zu wollen, versprachen Hoffnung auf eine solide erste Umsetzung.

Gab es im Vorfeld eher wenig Zweifel an der Qualität des Films und lediglich Sorge über die Verteilung der wesentlich spannenderen Vergangenheitsszenen, ist das Ergebnis eine unerwartete Armklinge in den cineastischen Rücken geworden. Die Ausstattung und Kurzels Bilder sind gewiss nicht von schlechten Eltern, doch ein katastrophales Drehbuch kickt das Ding so kraftvoll vom Turm, dass es bloß raten darf, ob es schon auf dem Asphalt oder doch noch im Abwasserkanal landet. Fassbenders dauerernste Mimik bringt ihm nichts, sieht er sich ständig mit saudämlichen Dialogen konfrontiert, die immer badass wirken wollen, aber selten etwas zu sagen haben.

Schön, schon die fortlaufende Rahmenhandlung der Spiele hat immense Schwächen, doch der Film, der sogar im Kanon der Spielreihe angesiedelt ist, lässt sie mit seinen Ideen noch wesentlich blödsinniger erscheinen, und schlimmer noch, sabotiert sich seine eigenen Qualitäten. So bereist Lynch die Vergangenheit über einen Kranarm, an dem er sämtliche Bewegungen aus der Vergangenheit tatsächlich nachahmt. In den Spielen ist es ein Stuhl wie bei Matrix, doch der Versuch, eine coolere Variante zu wählen, geht spätestens dann nach hinten los, wenn der Film nerviger weise in den überschaubar wenigen Actionszenen der Vergangenheit immer mal wieder in die Zukunft schaltet um ja daran zu erinnern, dass er all diese Bewegungen gerade wirklich durchführt.

… sie besteht aus Asssassin’s Creed 2, Assassin’s Creed Brotherhood und Assassin’s Creed Revelations

Ergibt es mal keinen Sinn, etwa, wenn er in seiner 5 Meter hohen Halle eigentlich eine 50 Meter hohe Kathedrale hochklettert, blendet Kurzel immer wieder faul weg, um den Unsinn zu verschleiern. Der fällt jedoch ebenso auf wie die Unart, die Kampf- und Fluchtszenen der Assassinen derart hektisch zu schneiden, dass fast nichts von der tödlichen Eleganz aus den Spielen übrig bleibt.

Ob es Kurzels Wahl oder ein Eingriff des Studios war, den Film cooler, schnittiger, aufregender erscheinen zu lassen, werden wir wohl so schnell nicht erfahren. Relevanter ist, dass der Film maximal eines schafft: ein Grundinteresse am Konzept zu wecken. Wer die Spiele bislang nicht kennt, wird durchaus Lust drauf bekommen, doch der Film an sich funktioniert auf keiner Ebene. Zu konfus und verworren erscheint die Handlung des Sci-Fi Rahmens, zu unsympathisch sind die Hauptrollen ausgelegt, was bei der Besetzung etwas heißen muss. Gerade Marion Cotillard spielt jede Szene wie ihre letzte in The Dark Knight Rises und scheint sich zu fragen, ob sie nicht doch besser bei der Taxi Reihe geblieben wäre. Als Actionfilm taugt Assassin’s Creed nahezu nichts, da die wenigen Vergangenheitsszenen, in denen Fassbender sogar halbwegs mit der unbekannten Ariane Labed harmoniert, durch ihren schlechten Schnitt kaputtgedreht sind, und es ohne sehenswerten Kontext maximal den Fun eines YouTube-Fanfilms gibt.

In vielerlei Hinsicht versucht der Film, den Stil und die Wirkung von Christopher Nolans Dark Knight Trilogie nachzuahmen, nur mit Schwertern und Schildern, zahlreichen CGI-Adlern und generell geballter Inkompetenz. Da passt einfach nichts, weder die gewählten Dialoge, noch ihre Ausführung, geschweige denn ihre Umsetzung. Wenn sie wenigstens einen schlechteren Regisseur hätten machen lassen, hätte dieser noch unfreiwillige Komik aus der Kapuze kramen können, doch der eng eingeschnürte Kurzel wird sich noch zukünftig schämen, sein Kürzel hier drunter gesetzt zu haben.
Fazit:

Der Apfel ist sauer. Konfus, schlecht inszeniert und überraschend unsympathisch, wetzt der erste Assassin’s Creed Film (wie bei Hitman wird man es noch öfter probieren) derart stolpernd über die Dächer, dass es fast schon bewundernswert ist, dass sie sich getraut haben, diesen kaum erträglichen Murks nur wenige Tage nach einem neuen Star Wars anlaufen zu lassen. Tragischerweise gehört der Assassin’s Creed Film zu der allerschlechtesten Sorte misslungener Filme: langweilig. Resident Evil 6 wird lachend darüber hinweg fliegen.
2,5 / 10

Autor: Christian Mester

Dieser Filmenthusiast (*1982) liebt es, manchmal auch mit Blödsinn, Leute für Filme zu begeistern. Hat BG im Jahr 2004 gegründet und ist dann für Pressevorstellungen, Interviews und Premieren viel rumgereist, hat als Redakteur u.a. für GameStar geschrieben, war dann mal Projektleiter in einer Werbeagentur mit Schwerpunkt dt, Kinostarts und - schaut gerad vermutlich schon wieder was.

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