BG Kritik: „A Very Murray Christmas“

14. Juli 2015, Christian Mester

A Very Murray Christmas (US 2015)
Regisseur: Sofia Coppola
Cast: Bill Murray, George Clooney, Miley Cyrus
Story: Bei der Aufzeichnung einer Weihnachtsshow verfällt Bill Murray in Selbstzweifel und bricht ab. Mürrisch will er aufgeben, doch dann inspirieren ihn Freunde und Hotelmitarbeiter gleichermaßen, der Weihnachtszeit wegen weiter zu machen.

Ein einstündiges Murray Musical für Netflix. Murrical?

Bill Murray ist ein ebenso wunderbar sympathischer wie seltsamer Eigenbrötlerkauz, der für seine chronisch lässige Attitüde und seine Unart, Kollegen über Jahre hinweg zu trollen, ebenso gehasst wie geliebt wird. Wie passend also, dass A Very Murray Christmas ein reines Egoprojekt geworden ist, indem Murray Größen wie Dean Martin oder Frank Sinatra nacheifert. Einstündige Specials wie dieses gab es früher zuhauf im amerikanischen Fernsehen; ein paar alte Herren in Smokings, die von der Schwere der Dinge gezeichnet gesellige Lieder zum Besten geben und die Pausen dazwischen mit kleineren Dialogen füllen.

Und sieh mal an, Mister Murray erweist sich als beachtlicher Sänger. Mutig trällert er gleich mehrere Lieder im Film, und obwohl er vom Stimmumfang her nicht ganz an das legendäre Ratpack heranreicht, braucht er sich davor längst nicht zu verstecken. Unterstützt wird er von Gastauftritten von anderen, darunter von einer ausnahmsweise brav agierenden Miley Cyrus, einer stimmgewaltigen Maya Rudolph, Jason Schwartzman, der Band Phoenix, Chris Rock, sowie Rashida Jones und Amy Poehler aus Parks and Recreation. Mit George Clooney wird zwar groß geworben, doch der Gentleman, der sich als einziger von allen offenbar nicht extra umziehen musste, taucht nur kurz in einem Cameo für ein Lied auf, um als Backgroundsänger hier und da mal eine lustig gedachte Textzeile beizuseiern. Nicht unbedingt seine Sternstunde.

Die Performances der verschiedenen Weihnachtslieder, darunter O Tannebaum, Stille Nacht, Heilige Nacht und Let it Snow sind allesamt gesanglich gut, doch dieser Mandelkern des Films ist bereits alles. Eine leckerknusprige Röstummantelung gibt es nicht. Ein wenig erinnert der Aufbau des Ganzen so an Birdman, da es auch hier backstage um den konfusen Aufbau einer Show dreht, mit kleineren ablaufenden Nebengeschichten, doch im Vergleich zu Inarritus Oscar-Film gibt es hier keinerlei Figurenzeichnung, keine nennenswerte Handlung. Murray trifft beispielsweise auf eine enttäuschte Frischvermählte, die er dazu animiert, ein Liebeslied mit ihrem Mann zu singen. Namen, Hintergründe oder weiteren Kontext gibt es keinen, es sind vage Überleitungen zu neuen Liedern, die ohne Verlust mit plumpesten Anmoderationen ersetzt werden könnten. A Very Murray Christmas wird mitunter als Comedy Special bezeichnet, doch obwohl Murray früher mal als Comedy-Star berühmt wurde, zuletzt ist er ja eher als Dramendarsteller unterwegs, ist keine Comedy in diesem Weihnachtsspecial – bis auf Clooneys verkorksten Gesangsversuche.

Gerade von Sofia Coppola, mit der Murray den großartigen Lost in Translation gemacht hat, hätte man also gern mehr erwarten können. So bleibt es eine gemütliche kleine Gesangsrevue, die dann funktioniert, wenn man offen für Weihnachtslieder ist und man die Beteiligten grundsätzlich gern sieht. Comedy, eine Story oder sonstige Akzente bleiben hier außen vor, Coppola hat nichts zu erzählen, zeigt bloß, vermutlich als Gefallen für Murray, der sich als Sinatra inszenieren lässt. Mit einer Laufzeit von etwas weniger als einer Stunde wird man auch nicht übermäßig beansprucht, und da es viele Songs gibt und dazwischen nicht viel verpasst, kann man das Special zur Weihnachtszeit sogar als Hintergrundbeschallung laufen lassen.

Fazit:
A Very Murray Christmas ist in der Tat sehr Murray, sehr weihnachtlich und lädt zur besinnlichen Couchrunde ein. Eine Wertung ist hier unnötig beziehungsweise unmöglich, da es zu wenig gibt, was man bewerten könnte. Es sind gut gesungene Weihnachtslieder, doch Coppola selbst hat schon aufregendere Werbespots gedreht.
Murray / 10

Autor: Christian Mester

Dieser Filmenthusiast (*1982) liebt es, manchmal auch mit Blödsinn, Leute für Filme zu begeistern. Hat BG im Jahr 2004 gegründet und ist dann für Pressevorstellungen, Interviews und Premieren viel rumgereist, hat als Redakteur u.a. für GameStar geschrieben, war dann mal Projektleiter in einer Werbeagentur mit Schwerpunkt dt, Kinostarts und - schaut gerad vermutlich schon wieder was.

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