BG Kritik: „Akte X – Der Film“ + „Akte X: Jenseits der Wahrheit“

14. Juli 2009, Christian Mester

Akte X – Der Film
+
Akte X – Jenseits der Wahrheit

von Christian Mester

Akte X – Der Film / The X-Files – Fight the Future (1998)
Regie: Rob Bowman
Cast: Gillian Anderson, David Duchovny, Martin Landau

Story:
Nach der Schließung der X-Akten sind die FBI Agenten Mulder und Scully nicht mehr länger
für Fälle mit Monstern, Aliens und anderen Übersinnlichkeiten zuständig. Als an einem Bombenanschlag jedoch vieles seltsam wirkt, beginnt für die beiden eine neue Jagd nach der Wahrheit, die sie bis ins Eis der Antarktis führt…

Kritik:
Mitte der 90er war Akte X: Die unheimlichen Fälle des FBI die angesagteste Fernsehserie überhaupt. Trotzdem war der Sprung auf die Leinwand zunächst ein Risiko für die kleine rothaarige Zweiflerin und ihren Verschwörungstheorien liebenden, Sonnenblumenkerne mampfenden Partner. Wer würde mitten in eine Geschichte einsteigen wollen, die schon 5 Staffeln Story hinter sich hat?

Anscheinend viele, denn der erste Kinofilm wurde zu einem guten Film und als solcher zu einem Überraschungserfolg. Zu verdanken ist das in erster Linie dem knackigen Drehbuch, das gleich zwei Dinge auf einmal schafft. In der Serie gab es immer zwei Arten von Folgen: Storyfolgen, die eine größere Geschichte Stück für Stück weitererzählten, und Monster-of-the-Week Folgen, die kleine kuriose Fälle zeigten und dann am Ende jeweils abgeschlossen waren. Letztere waren immer so aufgebaut, dass man auch als Neuling jederzeit einsteigen konnte. Natürlich gab es immer mal Verweise auf andere Figuren oder Erlebnisse, aber als Quereinsteiger bekam man selten das Gefühl, dass man nur Fans anspricht.

Diese Zugänglichkeit erreicht der Film mit Leichtigkeit, und kombiniert sie geschickt mit der Relevanz der Storyfolgen. Anstatt einen losgelösten Fall zu behandeln, geht der Film demnach mutig in die Vollen und erzählt die wichtigste Handlung der Serie munter weiter. Als Fan sieht man so gesehen ein spektakuläres Staffelfinale, als Unbeteiligter einen spannenden Mystery-Fall mit Urmenschen, Außerirdischen, Explosionen und Verfolgungsjagden. Ähnlich wie die Serie weiß auch der Film um seine Klischees, und nimmt einiges mit einem Augenzwinkern, etwa wenn Mulder hinter einer Kneipe seufzend an ein Independence Day Poster pinkelt. Rob Bowman, der einige der Serienfolgen gedreht hat, holt dementsprechend lediglich hervor, was in der Serie eh schon vorhanden war, und akzentuiert es für ein größeres Publikum.

Wirkliche Probleme gibt es keine, doch zwei Kleinigkeiten trüben das Bild geringfügig. Der erhabene Armin Müller-Stahl gibt einen spannenden Bösewicht ab, kommt aber zu wenig vor, um länger, denkwürdiger in Erinnerung zu bleiben. Und dann wäre jener forcierte Moment, in dem Scully vorübergehend beschließt, sich von ihrem langjährigen Partner und ihrer heimlichen Liebe Mulder abzuwenden. Man sieht es Gillian Anderson an, dass sie selbst nicht überzeugt davon ist und man kauft es auch dem Film nicht ab – das hätte man eleganter lösen können.

Fazit:
Na also, manche Serien haben auch außerhalb ihres Formates Daseinsberechtigung. Der erste Akte X Kinofilm funktioniert als großartige Langfolge ebenso gut wie als losgelöster Mystery-Thriller.

8 / 10
10 – Meisterwerk
8-9 – sehr gut
6-7 – gut
5 – mittelmäßig
3-4 – ausreichend
1-2 – miserabel
0 – Inakzeptabel

Akte X – Jenseits der Wahrheit / The X-Files: The Truth Is Out There (2009)
Regie: Chris Carter
Cast: David Duchovny, Gillian Anderson, Xzibit, Amanda Peet

Story:
Der im Exil lebende Mulder wird wieder zurückgeholt, um im Falle einer verschwundenen Frau zu helfen. Wie es scheint, versucht ein frankensteinartiger Doktor, den Kopf eines Patienten auf ihren Körper zu operieren. Widerwillig holen sich Scully und Mulder Hilfe bei einem Kriminellen…

Kritik:
6 Jahre war es her, dass Akte X mit einem niederschmetternden Finale geendet hatte. Scully und Mulder hatten noch einander, doch die Welt und ihr langer Kampf um sie schien verloren. Die Außerirdischen hatten gewonnen, das Ende war für 2012 angesetzt. Zu aller Überraschung aber entschied sich Akte X Schöpfer Chris Carter dagegen, das gewaltige Ende wieder aufzugreifen, und ließ die zwei nach ihrem länderumspannenden ersten Kinoauftritt lieber einen kleinen, in sich geschlossenen Fall lösen.

Der ist prinzipiell nicht schlecht. Dieses Mal in eisiger Kälte unterwegs, suchen die zwei einen schaurigen Arzt, der unheimliche Experimente macht. Ein solider, recht typischer X-Fall, der den beiden Ermittlern jeweils auf eigene Art nahe gehen soll. So suchen sie wieder eine junge Frau, so wie Mulder lange nach seiner entführten Schwester fahndete, und die religiöse Scully muss schwer mit ihrem Gewissen kämpfen, denn die einzige Hilfe kommt von einem ehemaligen Priester und Kinderschänder. Düstere interne Herausforderungen, die nach dem fast schon abenteuerhaften ersten Film recht wenig auf Zugänglichkeit zu geben schienen (dennoch: obwohl der Film schlechte Kritiken erhielt und eine Woche nach The Dark Knight anlief, erzielte er Profit).

Größter Pluspunkt des Films ist sicherlich Mark Snows effektive Filmmusik, die weit besser wirkt als Chris Carters allenfalls brauchbare Regie. Schade ist dennoch, dass der zweite Film keine wirklichen Highlightmomente zu bieten hat. Die Ermittlung fällt relativ linear aus, der besagte Schreckensarzt erhält keine eigene Persönlichkeit, in einer Szene trägt ein verwilderter Mulder einen fürchterlich fake aussehenden Bart und mit Rapper Xzibit gibt es einen seltsam besetzten, da völlig unauffälligen Partner. In der deutschen Synchro wartete zudem eine schockierende Wendung: nach 9 Staffeln Serie und dem ersten Kinofilm entschied man sich, Mulders markanten Synchronsprecher Benjamin Völz aufgrund einer angefragten Gehaltserhöhung auszuwechseln. Für ihn sprang Johannes Berenz ein, der einen passablen Job macht, nach so vielen Jahren aber halt ungewohnt klingt.

Fazit:
Jenseits der Wahrheit ist prinzipiell ein solider neuer Fall für Scully und Mulder, lässt aber vielfach rätseln. Im Gegensatz zum ersten Film ist der Fall des zweiten wesentlich sperriger, sogar reichlich düster und damit recht masseninkompatibel geworden, und zudem ignoriert er seltsamerweise die offenen Fäden vom Abschluss der Serie. Als Fan konnte man sich wundern, wieso man das ikonische Ermittlerteam ausgerechnet für diesen Fall reanimieren musste.

4,5 / 10

Autor: Christian Mester

Dieser Filmenthusiast (*1982) liebt es, manchmal auch mit Blödsinn, Leute für Filme zu begeistern. Hat BG im Jahr 2004 gegründet und ist dann für Pressevorstellungen, Interviews und Premieren viel rumgereist, hat als Redakteur u.a. für GameStar geschrieben, war dann mal Projektleiter in einer Werbeagentur mit Schwerpunkt dt, Kinostarts und - schaut gerad vermutlich schon wieder was.

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