BG Kritik: „Phantastische Tierwesen: Grindelwalds Verbrechen“ (Teil 2)

7. November 2018, Christian Mester

Weiter gehts mit der Vorgeschichte der Harry-Potter-Saga, die zeigen wird, wie Voldemort auf seinen Lehrer Gellert Grindelwald traf. Im zweiten Kapitel „Grindelwalds Verbrechen“ versucht der flugs wieder ausgebrochene Größenwahnsinnige, den mysteriösen Credence auf seine Seite zu ziehen. Kann das was? Der erste Teil „Phantastische Tierwesen und wo sie zu finden sind“ ließ ja eher zu wünschen übrig, und konnte nicht an die wundervolle Magie der ersten 8 Teile anschließen.

© Warner Bros. Pictures

Kritik: Wir erinnern uns: im ersten Teil “Phantastische Tierwesen und wo sie zu finden sind“ wurde Pokemonsammler Newt Scetchum bei der Suche nach einigen entlaufenen Tieren in ein potterprequeliges Abenteuer verstrickt. Johnny Depp, getarnt als Colin Farrell, versuchte damals, die unterdrückten Mächte des Pottschnittjungen Credence Clearwater Revival (Flash aus Justice League) zu provozieren, um so einen Krieg zwischen Menschen und Magiern zu entfachen. Hat nicht ganz geklappt, also wurd Günter Grippewelle festgenommen. Damits irgendwie weitergeht, vor allem einspieltechnisch, flieht Mister Grindelwald dann auch sogleich zu Beginn des zweiten von fünf geplanten Teilen (spoiler), und wieder darf ihn Nude Scamander aufhalten.

Das ist nicht sonderlich original konstruiert, lässt aber zeitweise endlich Einfachheit vermuten, die schon der erste gebraucht hätte. Mit vielen neuen Charakteren, die alle nicht ansatzweise so spaßig, denkwürdig und sympathisch waren wie die Helden aus den ersten 8 Filmen, einer neuen Bedrohung und einer neuen Umgebung musste Fantas Tierwelten 1 erstmal viel Vorarbeit stemmen, und man konnte Frau Rowling fast dafür loben, nicht faul auf die Schuljahre von Potters Eltern und Snape jr zurückzugreifen, um neue Hogwarts-Schuljahre zu zeigen. Jedenfalls vorerst – das kommt bestimmt noch. Tatsächlich lehnt 2 schon stärker in die Richtung, mit Präsenz Dumbledores und einer Szene bei Hogwarts.

Schade also, dass es auch Teil 2 nicht vermag, Potterfeeling aufkommen zu lassen, und es nach dem simplen Einstieg schnell wieder verkopft überfrachtet wird. Weder die Rückkehrer Scamander, sein Konditorkumpel, die Gedankenleserin oder Pottschnittkopf, noch die Agentin (die aus Alien Covenant) entfalten sich als Figuren, die amüsieren, mitreißen oder spannend werden. Woran mag das liegen? Prinzipiell gibt es doch eine ähnlich aufgestellte Zaubererwelt, viele vielfältige Figuren, jede Menge Action und typische Gefahren. Im neuen Teil 2 aber sieht’s wie beim ersten aus: kein Charaktercharisma will so wirklich zünden, die Figuren bleiben relativ belanglos und haben wenig Chemie miteinander, der Ausbau der Mythologie wirkt im Vergleich zu den alten Teilen überfrachtet und kalt, statt magisch, und man kann es tatsächlich überaus gut abwarten, zu sehen, wie die Story denn weiter geht. An der Regie kann es nicht allzu sehr liegen, denn David Yates hat seit 5 jeden der Filme inszeniert. Der kann das eigentlich im Schlaf. Er mag kein auffälliger, herausragender Regisseur mit eigener Handschrift sein, hat sich aber längst als kompetenter Macher erwiesen. Es muss folglich der Potter Schöpferin JK Rowling liegen, und da darf man so böse enttäuscht dreinblicken wie ein Snape, wenn Potter mal wieder nicht zugehört hat.

Hier fasst zweierlei: zum einen gibt es bei diesen neuen Erzählungen keine Bücher dazwischen – die Handlung wird direkt in Drehbuchform geschrieben. Zum anderen schreibt sie die Filmdrehbücher neuerdings selbst. Bei allen 8 Teilen der Pottersaga waren gewöhnliche Drehbuchautoren zugange, primär Steven Kloves, der 7 der 8 Teile getippt hat. Puristen werden natürlich beklagen, dass beim Transfer vieles verloren gegangen ist, vor allem beim 1000-Seiten-Wälzer Orden des Phoenix, aber Kloves hat fraglos einen tollen Job gemacht, Rowlings raue Welt rudimentär in Filmform zu bringen. Beide Phantastische Kreaturen Filme hat sie also ohne Zwischenstation selbst getippt, und so toll wie sie dutzende Figuren und ihre Relationen für die Bücher entwickeln und jonglieren konnte, will es ihr in diesem anderen Format nicht gelingen. Auch nach rund 5 Stunden mit diesen neuen Figuren und dieser neuen Welt wird sich kein Mensch längerfristig dafür interessieren, geschweige denn, sich daran lange erinnern können, und dafür brauchts nichtmal nen Vergessens-Spruch.

Der Film trickst ein wenig, und so mag man das Kino ein wenig irrend verlassen, dass der Film doch gar nicht so schlecht sei. Das Finale ist dieses Mal das beste am Film, weil plötzlich Action aufkommt und was passiert, und es kommen Figurenentwicklungen auf, die vage Neugier wecken könnten (auch wenn das Möchtegern „Oh mein Gott!!“ Offenbarungsende lachhaft lahm ist). Dennoch lässt sich nicht wegzaubern, dass der Großteil davor entweder gähnend langweilig oder belanglos ausfällt. Im Vergleich zum ersten fällt nun auch der Kennenlern-Bonus weg, und wenn der kleine fette Niffler hier erneut Gold jagt, mag das zwar knuffig aussehen, hat man so aber auch schon mal gesehen. Schade ist, dass weniger Fokus auf eins der Highlights des ersten gelegt wird – Scamanders Umgang mit seiner animalischen Sammlung.

© Warner Bros. Pictures

Kurioserweise ist es Johnny Depp, der die besseren Momente des Films erlebt. Während Jude Law als junger Dumbledore keine eigenen Akzente setzen kann und sich bloß grinsend über einen leicht verdienten Check freut, und Eddie Redmayne wieder primär mit seiner Knuddelhaarwelle schauspielt und mit CGI-Gedöhns rumhampeln darf, entwirft Depp einen ordentlichen neuen Bösewicht, dessen Hintergründe gar nicht mal so uninteressant ausfallen. Dass er charismatischer ausfällt als viele andere liegt fraglich an seinem mitgebrachten Talent. Zwar war es eigentlich unnötig, ihn Colin Farrell ersetzen zu lassen (und mal wirklich – Farrell hatte rein zufällig den selben urigen Haarschnitt wie Gorbert Graselwalt, und er war den ganzen Film über böse – welch Überraschung, dass hinter dem einen Bösen der andere Böse steckte), aber es ist ein Grindelglücksgriffel gewesen, Depp für diesen zweitein Teil zu gewinnen. Mehr Depp hilft hier mehr. Wieso seine Figur sich jedoch anders verhält, anders spricht und andere Mannerismen hat als Farrell in seinen vorherigen Soloszenen, darf jedoch bemerkt werden.

Dass auch Graupenwalds Verbrechen als Film durchaus guckbar geworden ist, verdankt Yates dem erneut großen Budget, sowie der nach wie vor grandiosen Musik von James Newton Howard. Sollte der Anspruch gewesen sein, bloß luxuriös ausgestatte Effektkino mit lautem Tamtam und vereinzelter Action mit CGI-Wesen zu gestalten, erfüllt der teure Film diesen Bodensatz also – aber halt wesentlich schlechter als andere vergleichbare Filme, so wie Tranformers 2 beispielsweise um Welten schlechter war als Transformers 1. Als Teil der Pottersaga darf sich dieser zehnte Film allerdings auf Platz zehn einsortieren, was leider unterwältigt und wenig Jieper auf mehr macht. Noch 3 davon? Vielleicht lieber nochmal 3 re-releasen.

Fazit:
Grindelwalds größtes Verbrechen sind die Spuren seiner Herrin Rowling. Eigentlich müsste man sie nach Askaban schicken, für die Unfähigkeit, nicht zu erkennen, dass sie dem Ausbau ihrer eigenen Saga gerade aktuell selbst tunlichst schadet. Wer glaubt, dass die Hobbitse der Herr der Ringe Saga geschadet haben, hat diese Filme noch nicht gesehen. Zwar war die Pottersaga nie ernsthaft vergleichbar gut wie die der Ringe und in diesem gibt’s weder Super-Legolas noch furzende Zwerge, aber im Kanon der Menschheitsgeschichte wird dieser Film so wichtig bleiben wie die Ewok TV-Filme.

4/10

Autor: Christian Mester

Dieser Filmenthusiast (*1982) liebt es, manchmal auch mit Blödsinn, Leute für Filme zu begeistern. Hat BG im Jahr 2004 gegründet und ist dann für Pressevorstellungen, Interviews und Premieren viel rumgereist, hat als Redakteur u.a. für GameStar geschrieben, war dann mal Projektleiter in einer Werbeagentur mit Schwerpunkt dt, Kinostarts und - schaut gerad vermutlich schon wieder was.

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