BG Kritik: „Transformers: The Last Knight“ (Transformers 5)

22. Juni 2017, Daniel Schinzig

Oh weh, oh Schreck, der Optimus ist weg. Während es auf der Erde drunter und drüber geht, hat sich Autobot-Anführer Optimus Prime dafür entschieden, mal eine andere Art der Verwandlung auszutesten: Statt als LKW über Landstraßen zu flitzen, schwebt er als Eisklumpen durchs All. Doch der Entspannungsurlaub in der Schwerelosigkeit währt nicht lange: Prime macht eine Entdeckung, die seinen ohnehin labilen Charakter komplett zum Durchbrennen bringt.
…derweil auf der Erde (ja, noch mehr Handlung): Menschen machen Jagd auf Transformers, ein 14jähriges Mädchen kämpft sich alleine durch die Trümmer einer Großstadt, Cade Yeager kommt in den Besitz eines geheimnisvollen Medaillons, ein englischer Lord ist auf der Suche nach einem magischen Speer und dann ist da noch irgendwas mit Artus und Nazis…

© Paramount Pictures

Transformers: The Last Knight (US 2017)
Regisseur: Michael Bay
Cast: Mark Wahlberg, Anthony Hopkins, Bumblebee, Megatron, Optimus Prime

Kritik:
Michael Bay führt Regie, wie Kinder mit Actionfiguren spielen. Es wird sich der hemmungslosen Lust an Kämpfen, an schnellen Autos, lauten Schießereien und großen Explosionen hingegeben. Dazwischen wird geredet, weil das ja irgendwie auch zu einem Spiel mit Plastikfiguren dazugehört. Und eine Geschichte, ja, eine Geschichte denkt man sich ja auch gerne im Kinderzimmer aus. Ob die im Hinblick auf das Spiel von gestern Sinn macht, ist heute egal. Denn es geht um das Hier und Jetzt. Und wenn die Mama durch die Tür kommt und sagt „Schluss für heute“, dann muss die Antwort darauf natürlich lauten: „Aber Mama, nur ein bisschen noch. Dann höre ich auch wirklich auf!“ Und wenn ein Michael Bay sagt „Nur ein bisschen noch“, dann ist das natürlich ein bisschen mehr. Seine „Zugabe“ umfasst dann eben auch mal gut fünf Stunden. Denn eigentlich, ja, eigentlich wollte er ja nach drei Teilen schon aufhören. Aber warum schon ins Bett gehen, wenn es doch gerade so viel Spaß macht, das Spiel mit den Autos, den Robotern und dem riesigen Feuerwerk? Also bietet er uns nach einer überlangen Zugabe namens „Ära des Untergangs“ nun die überlange Zugabe der Zugabe: „The Last Knight“.

Und wer wirklich denkt, mit Runde 5 wird alles anders, es würde alles plötzlich Sinn machen und wohlüberlegter sein, dem – Verzeihung – ist eh nicht mehr zu helfen. „The Last Knight“ ist erneut ein Fest für Fans der „Bayformers“ sowie für Kritiker, die unbedingt mal wieder einen herzhaften Verriss schreiben wollen, und schlägt qualitativ eher in die Kerbe der Teile 3 und 4 statt in die des wirklich guten Erstlings. Und dennoch: Wer sich davon nicht komplett abschrecken lässt, kann wahnsinnig Spaß mit diesem Fest des Irrsinns haben. Sollte Bay in den bisherigen Teilen noch so etwas wie Hemmungen gehabt haben, legt er sie nun restlos ab. Nein, es gibt keine Tiefpunkte wie Transformers-Hoden oder S7-Tangas, obwohl die Anzahl der doofen Sprüche und Komik-Einlagen gefühlt noch einmal angestiegen ist. Dafür wird nun ungefiltert alles in die Story gepackt, was den Autoren wohl gerade so einfiel. Eine der größten Explosionen des Films ist diesmal also eine der ausschweifenden Absurditäten: Da wird eine Taschenuhr mit dem Tod von Hitler in Verbindung gebracht, Merlins Zauberkräfte haben etwas mit cybetronischer Energie zu tun und Megatron stellt sich eine neue Armee aus Decepticon-Schwerverbrechern zusammen, die in einem Transformers-Hochsicherheitsgefängnis sitzen…

© Paramount Pictures

Moment! Megatron? Ja, der ist einfach so wieder in alter Form da, obwohl im Teil davor ja eigentlich in ganz anderer Inkarnation wiedergeboren. Ungereimtheiten wie diese scheinen die Autoren aber erneut nicht zu kümmern. Und Krawall-Regisseur Bay erst recht nicht. Stattdessen mixen sie Genre-Elemente aus Historien-, Science-Fiction, Fantasy, Dystopie- und Schatzsucherfilm zusammen, als sei das das normalste der Welt. Unwahrscheinlich unterhaltsam ist es aber, weil das alles eben so gar nicht zusammenpasst.

Der wilde Mix sorgt teilweise für dringend notwendigen neuen Schwung. Ebenso wie Anthony Hopkins in seiner überraschend großen Rolle als hyperaktiver englischer Lord. Der Mann hat Spaß, das sieht man. Und der Mann weiß genau, in welch einer Art Film er mitspielt und wie er noch so blödsinnige Momente zu einem Genuss werden lassen kann. Die restlichen Franchise-Neueinsteiger sind vernachlässigbar: Isabela Moner als 14jährige Izabella scheint nur ins Spiel gebracht worden zu sein, um mal einen starken weiblichen (Kinder-)Charakter dabei zu haben. Das Resultat: Ein paar coole Szenen, ein witziger Roboter-Sidekick und ein paar recht ordentlich funktionierende Charaktermomente mit Mark Wahlberg. Nach etwa einer Stunde hat das Script aber keine Verwendung mehr für sie und sie taucht tatsächlich auch erst im Finale wieder auf. Laura Haddock als Viviane Wembley macht als typischer bayscher Frauencharakter immerhin eine bessere Figur als Rosie Huntington-Whiteley in „Transformers 3“, darf ab und an einen guten Spruch aufsagen und wird mit allzu aufdringlichen Popo-Großaufnahmen verschont – wenngleich die Kamera zweifelsohne Gefallen an ihrer Figur und ihrem Outfit hat. Nun, Bays inneres Kind war und ist nunmal ein pubertierendes.

Darüber hinaus gibt es Wiedersehen mit bekannten Charakteren aus den ersten Teilen und mehr Roboter denn je – mal durchgeknallt, mal dumm, mal frech, mal versaut, mal mit französischem Akzent, mal psychisch gestört. Nur normal tickt eigentlich keiner. Die Sprüche kommen aus ihnen heraus wie aus Spielzeugen, die mit verschiedenen Sätzen auf Knopfdruck für strahlende Kinderaugen sorgen. Also alles wie gehabt. Beim Anblick von kleinen unschuldigen Robotern, die sich nicht mehr verwandeln können, und neu geborenen Dinobots, die erste Feuerspei-Versuche unternehmen, wird mit Sicherheit trotzdem das ein oder andere Zuschauerherz weich werden. All das ist übrigens erwähnenswerter als der in den Trailern groß angekündigte Konflikt zwischen Bumblebee und dem offenbar böse gewordenen Optimus Prime, der, kaum ist er da, auch schon wieder vorbei ist. Für’s Marketing war diese vergleichsweise kurze Actionszene (die, typisch Bay, eh nur ein Teil einer weitaus größeren Actionszene ist) aber zweifellos Gold wert.

© Paramount Pictures

Ansonsten knallt es auch wieder ordentlich. Und natürlich lässt Bay gerade in den lauten Momenten wieder, nunja, den Bay raus. Jede noch so kleine Schießerei wird aufgepustet zu einer riesigen Zerstörungsorgie. Kann man mit dem Inszenierungsstil von Hollywoods größtem Explosions-Fetischisten was anfangen, heißt es erneut: Anschnallen und Achterbahn. Die Verfolgungsjagden auf Londons Straßen sind ultraschnell, die Kloppereien zwischen Autobots und Decepticons heftig, das Finale bildgewaltig wie dezent zu lang. Wo die Action im Vorgänger „Ära des Untergangs“ zwar groß, aber etwas ideenarm daherkam, steckt in „The Last Knight“ wieder mehr Einfallsreichtum zwischen den umherfliegenden Trümmern, manchmal sogar so etwas wie eine gut durchdachte Choreografie. Oder kurz: Die Action – und seien wir ehrlich: um die geht es hier – macht durchgehend Laune. Wenn in der finalen Schlacht schließlich Zeit und Schwerkraft außer Kraft gesetzt werden, werden nicht wenige Action-Fans mit offenem Mund und hohem Puls im Kinosessel sitzen und die Frage, ob das eigentlich alles einen Sinn macht und ob das überhaupt mit den Geschehnissen der Vorgängerfilme zu vereinbaren ist, verdrängen. Alle anderen – sollten sie sich überhaupt noch in diesen fünften Teil verirren – werden den Kinosaal bis dahin wahrscheinlich eh schon verlassen haben.

Fazit:
Ist diese Kritik jetzt ein Verriss? Oder ein Loblied auf Regression und Eskapismus? Wahrscheinlich beides. Das passt zwar nicht zusammen, aber bei „The Last Knight“ passt auch nichts zusammen Und er macht dennoch mächtig Laune. Wer also bisher gerne Kindlein Bay beim Spielen mit seiner Robotersammlung zugesehen hat, darf auch diesmal ohne Bedenken das Kinderzimmer betreten. Alle anderen suchen sich besser andere Spielgefährten.

5,5 / 10

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