BG Kritik: „Teenage Mutant Ninja Turtles – Out of the Shadows“

26. Februar 2016, Christian Mester

Krangabunga! Nachdem der geheimnisvolle Shredder bei einem Gefangenentransport auf geheimnisvolle Weise geheimnisvoll verschwindet, müssen die Pizza mampfenden Turtles das drohende Ende der Welt verhindern – indem sie sich wortwörtlich gegen böse Hirnmasse wenden. April O‘ Neil (im Schulmädchenoutfit), Arrow und Weltenretter Vern helfen.

(C) Paramount Pictures

Teenage Mutant Ninja Turtles 2: Out of the Shadows (US 2016)
Regisseur: Dave Green
Cast: Megan Fox, Turtles, Brian Tee, Will Arnett

Kritik:
Als vor zwei Jahren der große Platinum Dunes Reboot der Turtles anrollte (BG Kritik: Turtles), stießen die vier neuen reptilischen Pizzavertilger zunächst auf disfootable Gegenwehr. Der Look der gänzlich in CGI entworfenen Ninja-Schildkröten sorgte für Meme-Spott, und als der Shredder dann (ebenfalls CGI unterstützt) noch hampeliger und größer ausfiel als der Supershredder aus dem alten zweiten Turtles, konnte selbst Megan Fox nicht mehr viel dran ändern. Wobei die allgemeine Neugier durchaus da war: fast 500 Millionen Dollar durften sich Erfolg schimpfen. Davon abgesehen mussten auch die nörgeligsten Splinter eingestehen, dass der von Jonathan Liebesman (Zorn der Titanen) gedrehte Film unterhaltsame Aspekte hatte. Beide Actionszenen mit dem Shredder, die Düsenskateboardtour durch die Kanalisation und die Exkursion ins Schneegebiet mögen zwar faktisch so unrealistisch wie XXX 2 gewesen sein mögen, waren aber handwerklich gut gemacht und unterhaltsam dynamisch.

Also ratzfatz den nächsten hinterher, mit leichter Kurskorrektur. Sämtliche Versuche des Erstlings, Turtles oder Foot Gang als mysteriöse Spannungselemente zu inszenieren, vertrockneten an Land, daher sollte es im zweiten Anskaten alles direkt lockerer verlaufen. Das ist ihnen gelungen. Out of the Shadows geht von Anfang an in die Vollen, trägt seinen Kindheitskult mit Stolz und versucht gar nicht mehr, sich älteren Zuschauern zu nähern. Entweder kommt man damit zurecht, dass Bebop und Rocksteady sich gegenseitig anfurzen, April O‘Neil das FBI hackt und Panzer in Flugzeugen um sich ballern, oder man sollte alle Entscheidungen im Leben, die einem zu diesem Moment geführt haben, tunlichst überdenken. Wobei? Augenblicklich verbringt man Zeit damit, eine Filmkritik zu Teenage Mutant Ninja Turtles Teil 2 zu lesen – wahrscheinlich ist man also längst befangen. Keine Sorge: auch wenn der neue Film kindgerechter sein mag, ist es keine ausschließlich alberne Plemplem-Klaumaukparade auf Neugeborenenniveau.

(C) Paramount Pictures

Das Geheimnis des Ooze war damals ein spaßiger zweiter Teil („Go Ninja, go ninja, go!“), musste aber wohl jedes Kind enttäuscht haben, als statt der beliebten Shredder-Kohorten Bebop und Rocksteady aus der Zeichentrickserie zwei Wannabe-Nobodies als Ersatz auftauchten. Im sechsten Turtles Kinofilm haben sie es also endlich geschafft und die beiden Vollnasen gebracht, die solide gemacht sind und sich genau so herrlich dämlich und destruktiv wie ihre Serienpendants anstellen. Um noch einen oben draufzusetzen, gibt’s auch noch Baxter Stockman (in Menschenform) und den schleimigen Utrom aus der Dimension X, Krang, der sabber-fuchtelnd an Davy Jones erinnert und samt Technodrome vorbeischaut. Das widerwärtige Hirn-Tentakelwesen sieht wie ein bizarrer X-Tro Albtraum aus, plappert sich allerdings so schnell dusselig (im selben Ton wie die Zeichentrickserie), dass ihn auch Kinder bedenkenlos erleben können. Er ist großartig getroffen und hätte nicht besser realisiert werden können. Selbstverständlich ist es witzig mit anzusehen, wie Shredder mit seinen beiden Vollpfosten zurechtkommen muss, und wie ihn der glibberige Außerirdische nach Tradition hämisch zur Schnecke macht.

Die eigentliche Handlung ist so simpel, dass sie auf der Rückseite eines Duplos stehen könnte. Shredder wird befreit, von Krang entführt, mit dem Mutationsserum für seine beiden Spaten ausgestattet und soll dann zwei Relikte beschaffen, damit Krang die Welt erobern kann. Die Turtles streiten sich indes erneut. Wieder haben sich der väterliche Leo und der trotzige Raphael im Clinch, denn mit dem Bebop-Serum könnten sie sich in Menschen verwandeln lassen. Da noch on top kommt eine Nebenhandlung mit April O’Neil, die sich mit Vern (äußerst witzig: Will Arnett als großmäuliger Retter der Stadt) und dem maskierten Vigilanten Casey Jones (Arrow aus der Arrow Serie) zusammen tut, um Karai (sinnlos neu gecastet), Shredders rechter Hand auf die Schliche zu kommen. Dann wäre da noch eine Polizistin (Laura Linney), die die unheimlichen Turtles inhaftiert sehen will, aber letztendlich bloß ein einsilbiger Cameo wie der von Frances McDormand in Transformers 3 ist.

Jeder dieser Stränge ist einfach gehalten, twistfrei und temporeich spaßig (bis auf Linneys). Jeder der anderen könnte separat einen unterhaltsamen Kurzfilm bilden. Die Menge all dieser Stränge zusammengeschnürt sorgt allerdings unweigerlich für Chaos. Die Handlung springt ständig umher, die vielen Figuren treffen sich dadurch nur selten. April hat kaum was mit den Turtles zu tun, Shredder selbst setzt seinen Helm erst in den letzten 10 Minuten auf – und bekommt keine einzige Kampfszene. Mit Brian Tee neu gecastet, darf der Shredder ständig nur finster dreinschauen – wobei das Casting eine Fehlentscheidung war, konnte der andere Shredder-Darsteller noch finsterer schauen. Krang selbst taucht insgesamt auch nur kurz auf, und da zeigen sich die Probleme, die auch den zweiten Turtles von einem besseren Ergebnis abhalten.

(C) Paramount Pictures

Fox und Marvel haben schon etliche Male bewiesen, wie man große Figurenensembles passend vorstellt, miteinander verknüpft und wie man von Nebenplot zu Nebenplot springt, ohne das größere Ganze aus den Augen zu verlieren. Turtles 2 mag eine einfach gehaltene Zielvorgabe für seine Helden haben: Shredder davon abhalten, Krangs Portal zu öffnen bzw. Krang aufhalten, sollte er durchkommen, aber der Weg dahin ist eine Aneinanderreihung schneller Pässe, die schnell die Verantwortung weiterreichen, substanzielle Momente zu sein. Turtles mag im Prinzip bunter Kinderquatsch sein, und das muss es auch irgendwo ehrlich sein (wer grinst nicht, wenn der Turtles-Van Gullischeiben schießt – wie das Spielzeug damals) doch obwohl Platinum Dunes es bei beiden Filmen geschafft hat, die Geschmacklosigkeiten und Möchtegern-Epik eines Transformers zu vermeiden, hängt man zu selbstbewusst faul in der Kurzweiligkeit fest. Turtles 2 macht Spaß, ja, ist aber schon auf dem Weg zum Parkhaus schon halb wieder vergessen und zwei Tage später komplett weg. Es mag nur Turtles sein, doch die spezielle Qualität, wieso sich diese Reihe seit über 20 Jahren erfolgreich in der Popkultur hält und das weiterhin schaffen wird, ist in den neuen Filmen noch nicht drin. Anbetracht der Tatsache, dass dieser Film nur noch die Hälfte des Einspiels des ersten geschafft hat und ein dritter somit höchst unwahrscheinlich geworden ist, darf man allerdings froh sein, dass Krang nach all den Jahren endlich mal realisiert worden ist.

Dave Green, der den unterschätzten Earth to Echo gedreht hat, übernahm für Leterrier, doch einen künstlerischen Wechsel spürt man nur auf Drehbuchebene, nicht in der Regie. Die Action ist weiterhin laut, übertrieben und hektisch geschnitten, aber angenehm übersichtlich gehalten. Wie schon im ersten Teil werden die CGI-Turtles als Filmfiguren besonders in diesen Momenten glaubwürdiger, wenn sie verzweifelt versuchen, ein abstürzendes Flugzeug aufzuhalten, oder wenn sie wie einem Jump N Run von einem schwebenden Technodrome-Stück zum nächsten hüpfen, um Krang mit Ninja-Salti anzugreifen. Da vergisst man schon mal, dass sie eigentlich unästhetisch, riesig und grob aussehen. Nett ist allerdings mal wieder die Message, dass man sich in seiner eigenen Haut wohlfühlen und als Familie zusammenhalten soll. Auch hat der Film löblich viel Material für April O’Neil zur Hand, ohne die mittlerweile dreifache Mutter bloß auf ihre Figur zu reduzieren. Zwar wird ihr Körper natürlich kurz in den Fokus gerückt, aber jemand hat sich durchaus überlegt, was ihre Figur aktiv zur Konfliktlösung beitragen könnte. Das, obwohl sie die ganze Zeit von Arrow-Darsteller Stephen Amell als Casey begleitet wird. Der ist als Turtles-Figur als einziger lieblos designt, hält sich aber mit seinem Charisma pfeilgenau über Wasser. Zum einen ist Turtles 2 Fanservice von Herzen, denn Bebop, Rocksteady und Krang werden jedem Turtleskenner gefallen. Sie sind hervorragend getroffen und sorgen mit vielen knalligen Actionszenen dafür, dass der zweite Teil garantiert nicht langweilt. Der neue Ghostbusters ist schon flott unterwegs, aber Turtles 2 rast mit dem Skateboard dran vorbei. Zum anderen ist der Film allerdings so dermaßen oberflächlich, dass er vor Geschwindigkeit unscharf und schnell wieder vergessen wird.

Fazit:
Der spielfreudigere Nostalgieklamauk ist in der zweiten Runde besser. Ist es schade, dass vermutlich kein dritter Film kommen wird? Eigentlich nicht, aber es liegt nicht daran, dass die Filme schlecht wären und keinen weiteren verdient gehabt hätten. Nein, vielmehr bleibt das Gefühl, dass schon alles, was noch übrig war, in Teil 2 verheizt worden ist. Ein dritter Teil mit B-Gegnern wie Rat King, Leatherhead oder Pizza Face (ja, es gab einen Gegner namens Pizza Face) wäre wahrscheinlich ähnlich unterhaltsam – aber auch ähnlich kurzlebig. Unwichtiger, aber harmloser Film, der seine Helden zwar wortwörtlich gegen ein Hirn kämpfen lässt, seine Hirnlosigkeit aber mit Freude trägt.

6/10

Autor: Christian Mester

Dieser Filmenthusiast (*1982) liebt es, manchmal auch mit Blödsinn, Leute für Filme zu begeistern. Hat BG im Jahr 2004 gegründet und ist dann für Pressevorstellungen, Interviews und Premieren viel rumgereist, hat als Redakteur u.a. für GameStar geschrieben, war dann mal Projektleiter in einer Werbeagentur mit Schwerpunkt dt, Kinostarts und - schaut gerad vermutlich schon wieder was.

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