BG Kritik: „X-Men: Zukunft ist Vergangenheit“ (X-Men 5)
In der nicht allzu fernen Zukunft ist die Welt ein Trümmerhaufen. Die Mutanten um Professor X (Stewart) wehren sich gegen gewaltige Kampfroboter, die bereits einen Großteil der Mutanten ausgelöscht haben. Die letzte Hoffnung der Mutanten und auch der Menschen ist Wolverine (Jackman), der als einziger in der Lage ist, in die Vergangenheit zu reisen. Dort soll er die verfeindeten Professor X (McAvoy) und Magneto (Fassbender) vereinen, um gemeinsam der Bedrohung der Zukunft zuvor zu kommen.
X-Men: Zukunft ist Vergangenheit
X-Men: Days of Future Past (USA, 2014)
Regisseur: Bryan Singer
Cast: James McAvoy, Michael Fassbender, Jennifer Lawrence, Patrick Stewart, Ian McKellen
Kritik:
Spoilerwarnung XXL: Was für ein Übergang, oder? Am Ende von Wolverine: Weg des Kriegers sah noch alles wie immer aus, aber zu Beginn von ZIV plötzlich wie in der Schuttwelt der Matrix-Filme; Mortal Kombats Shao Kahn wäre in dem Tempel zweifellos schnell heimisch. Mit Zeitreise geht’s zurück in die 70er, wo alles Wichtige spielt, was bedeutet… dass man den Zukunftskram auch weglassen könnte. Wer also profitiert davon? Patrick Stewart, Ian McKellen und Halle Berry. Für die drei wurde die Geschichte gewählt, wobei das Ballast bedeutet. Keine Spannung: durch die eindringenden Sentinel oder Wolverines geglückte Zukunftsüberschreibung – die Zukunftler werden bei jedem möglichen Ausgang hops gehen. Das macht ihre persönliche Apokalypse da schon mal weniger spannend als es sein könnte.
Patrick Stewart und Ian McKellen wurden nur für Überflüssiges zurückgeholt: für einen Cameo im letzten Wolverine, weit vor der ZIV Zukunft in der sie auf Wolverine treffen, und für dieses Greisen-Expositionstreffen, in dem sie keine besonderen Gespräche oder Szenen bekommen. Es gibt keine totale Verzweiflung hinsichtlich der drohenden Ausrottung, kein absolutes Ausreizen all ihrer Kräfte und Professor X macht in seinem fliegenden Rollstuhl keine Schraube vor Aufregung, als er von der Möglichkeit der Zeitreise erfährt. Für Magneto war dies immer die größte Angst, der Mutanten-Holocaust. Was für ein Sprung von der KZ-Eröffnungsszene zu dieser. McKellen bekommt aber keine sich damit beschäftigenden Momente und anstatt als finalen Über-Magneto-Moment die ganze Trümmerstadt anzuheben, wirkt McKellen hier sehr, sehr, sehr alt und reglos.
Willkommen ist, dass der alte Magneto keinen geheimen B-Plan schmiedet und es ist ja Ironie des Schicksals, dass er durch ein Stück Stahl stirbt. Von den jüngeren Mutanten sind die Portalwerferin Blink, der Pyro-Ersatz Sunspot und Iceman für Effektkämpfe solide inszeniert, während Ziemliche beste Freundes Omar Sy unter viel Make-Up als Bishop nichts zu tun kriegt. Ein zu grober Übergang in die Zukunft für Actionszenen mit neuen Mutanten? Immerhin schreckt Singer nicht vor Grausamkeit zurück und zeigt, dass die jungen Leute da seit einiger Zeit alle paar Stunden aufs neue ermordet werden. Oder zu verdeutlichen, dass die zwischen EE und diesem weggefallenen Mutanten Emma Frost, Azazel, Angel und Banshee von Trask wie Frösche seziert wurden. In der Vergangenheit wird’s stringenter. Der Ausgangskonflikt ist dufte: Trask denkt, er müsse die Mutanten umbringen sonst werden sie es zuerst tun – und Mystique denkt das gleiche was ihn betrifft. Dass der Mann ihre Freunde seziert, gefällt ihr gar nicht.
Den Konflikt hatten wir zwar schon in den anderen drei Teilen, meistens von Magneto angeleiert, aber er ist nach wie vor das beste Druckmittel für beide Seiten. Jennifer Lawrence hat die beste Präsenz als angetriebene Agentin, es ist nur schade, dass sich ihr das befreite Mutantenteam um Toad, Havok und dem anderen, der Leute sich übergeben lassen kann, nicht anschließt. Den Showstopper-Moment und 3D-Rechtfertigung für den Film liefert frech Quicksilver, der im Vorfeld für sein albernes Babylon Zoo Outfit verhöhnt wurde und wie Kollege Westhus schon sagte, den es so in Avengers 2 womöglich nicht cooler zu sehen geben wird. Mehr drin aber kaum gebraucht wird Peter Dinklage als Trask. Warum zum Otter musste die Figur ethnisch neu besetzt werden? In X-Men 3 wird Trask von dem über 2 Meter großen, glatzköpfigen, bartlosen Bill Duke gespielt. Nun ist der Dinklage ein großer Schauspieler, aber sofern es kein gezielter Trotz gegenüber allen vorherigen Kontinuitätsfehlerfindern ist, erschließt sich die Umbesetzung nicht. Und einen beeindruckenden Darsteller wie Dinklage braucht es nicht, gibt man ihm so wischiw-waschi-Material wie in diesem Film. Er erwähnt kurz, dass sein verquertes Ziel insgeheim Weltfrieden ist, aber das klingt so überzeugend wie bei Miss-Wahlen. Seine Sentinel sind sehr gelungen, nicht die iPod-Modelle der 70er, aber die T-1000/Borg-artigen der Zukunft. In der Vergangenheit bleibts rätselhaft, wie Magneto diese per eingeschobenem Metall steuern kann. Ein Seufzmoment: seit dem ersten Film haben sich X-Fans auf eine Szene gefreut, in der Wolverine Amok läuft und reihenweise Sentinels vernichtet. Geht dank Weg des Kriegers nun ja nicht, da ihm das Adamantium fehlt. Was ihm widerum einen echten Vorteil gegenüber Magneto verleiht, aber Überraschung, das dann auch bloß für Sekunden. Langfristig war das also nicht der beste Plan.
Die dümmste Idee der Helden ist es, den jungen Magneto zu befreien. Sie sagen, sie müssten es tun um mit seiner Hilfe Mystique zu überzeugen, was aber nicht nur nach hinten losgeht, es ist fatal, da Magneto oft genug gezeigt hat, selbst nicht überzeugt werden zu können. Selbst der alte Magneto warnt Wolverine, es besser nicht zu machen, so gesehen haben sie Mitschuld an dem, was später passiert. Dass sie ins Pentagon einbrechen und einen der gefährlichsten Mutanten der Welt befreien, wäre übrigens bereits Grund genug, wieso man Sentinels in Auftrag geben sollte. Menschen können gegen Mutanten scheinbar nichts ausrichten und zumindest gegen terroristisch veranlagte sollte man was in der Hand haben. James McAvoy und Michael Fassbender bekommen beide interessante Startpunkte. Professor X will also keine Stimmen mehr hören, wahrscheinlich, weil er die vielen Tode der zwangseingezogenenen des Vietnamkriegs mithören musste. Magneto sieht via Mystique, dass seine „einer zieht allein los um Menschen was anzutun, damit sie uns nichts antun“ dumm und gefährlich sein kann, er selbst lernt aber absolut nichts draus. Er ergreift seine erstbeste Chance und macht weiter wie bisher, was für die Figur nicht das spannendste ist. Das Stadion zu heben ist beeindruckender als eine Radarschüssel zu drehen, aber im Gegensatz zu EE ist es hier nicht sehr gefühlsstark. Wieso ist die erste Assoziation die Stadionszene aus The Dark Knight Rises, die ähnlich spektakulär… und ebenso emotionslos war?
Die Make-Ups von Beast und Mystique sehen verbessert aus. Beast hat was vom Universal Wolfman (woran er sich auch von der Bewegung her orientiert) und Mystique sieht mehr wie Rebecca Romijn aus. Musste der Film denn aber so ein fröhliches Ende bekommen? Also, für die neuen Figuren – alle anderen sind ja gestorben, inklusive des alten Geistes von Wolverine (der in diesem Film generell schwach bleibt). Scott und Jean wiederzusehen ist angenehm, aber überflüssig, denn es löscht vorhandende Tiefen mit dem Radiergummi. Iceman verlor sein Leben. Rogue gab ihre Kräfte auf, obwohl sie sich nicht sicher war. Jean wurde wahnsinnig (im Gegensatz zu den Comics nicht von einem Alien besessen) und tötete ihren Freund und den Professor, wurde dann von seiner Liebe Logan aufgespießt. Magneto verlor seine Kräfte. Dann bekam Magneto seine Kräfte vor dem Abspann von X-Men 3 schon wieder und der Professor übergab seinen Geist in den hirntoten Körper seines Brudes. Der Film traute sich dramatische Änderungen, nur um sie vor Filmende schon wieder zu verwerfen. Dieser neue nun ist vollends kompetent (besser als X3 und Wolverine) und gefällt, wenn man X 1, 2 und Wolverine 2 mag, aber den frischen Wind den EE einbrachte, ist verflogen. Und das Happy End? Alles Schlimme ist revidiert, alles tutti, wer nicht aufgepasst hat – Wolverine wird am Ende nicht von Stryker für das Weapon X Programm gefangen, das ist Mystique – bis Megabösewicht Apocalypse im nächsten Teil aufkreuzt. Ein „Happy End“ hat gerade die so ernst angefangene X-Men Reihe nicht verdient. Eventuell dachte Singer die schwere Melancholie aus seinem Superman Returns sei problematisch und hier nicht zu wiederholen, aber die Abkehr vom Drama über die Credits hinaus lässt X-Men: Zukunft ist Vergangenheit zu einem oberflächlicheren Film werden als er sein sollte.
Fazit:
X-Men ZIV mutiert ziemlich wenig und bleibt das, was schon die ersten beiden Singer X-Men waren: solide, gute Comic-Unterhaltung. Singer bemüht sich dieses Mal stärker um Unterhaltung und weniger um Drama. Toad-Zungen könnten glatt flüstern, dass sogar Wolverine: Weg des Kriegers der interessantere Film war, da er ein neues Szenario und neue Gegner bot. ZIV ist „mal wieder drohende Menschheit/Mutantenauslöschung“ und „mal wieder Magneto/Prof X Konflikt“.
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