Bereits gezockt: „Yoshi’s Crafted World“ (Switch)

2. April 2019, Daniel Schinzig

Das Leben kann so schön sein: Während viele Dauergestresste von der Sonne träumen, haben die knuddeligen Yoshis auf ihrer Insel eine eigene Traumsonne, die Träume wahr werden lässt. Klar, dass das Neider anzieht. Baby Bowser und Zauberer Kamek stehlen das Gebilde. Ein pappig-buntes Jump-and-Bastel-Abenteuer beginnt. Und da wir von BG nicht nur pausenlos Filme schauen, sondern ab und an auch zocken, wird es Zeit, einen genaueren Blick auf „Yoshi’s Crafted World“ für Nintendo Switch zu werfen.

Mit der Zeit erspielen wir uns neue Papp-Outfits. Die sehen nicht nur ulkig aus, sondern machen Yoshi auch widerstandsfähiger.

© Nintendo

Nintendo-Drache Yoshi hat schon so einige farbenfrohe Inkarnationen vorzuweisen. Durch „Yoshi’s Island – Super Mario World 2“ für das Super Nintendo Entertainment System strampelte sich der Kuschel-Dino in einprägsamer Wachsmal-Optik. Für den Wii U exklusiven Platformer „Yoshi’s Woolly World“ verwandelte sich Marios Reittier gemeinsam mit seiner ganzen Umgebung in Textilien. Für Nintendos aktuelle Erfolgskonsole Switch bastelten die Entwickler von Good-Feel nun eine gänzlich neue Umgebung – im wahrsten Sinne des Wortes. Denn mit „Yoshi’s Crafted World“ betreten wir Welten aus Pappe, Papier und Plastik – den Fiebertraum eines hochtalentierten, im besten Sinne bastelsüchtigen Kindskopfes.

Es sind die Optik, die Grafik, das Artdesign, die „Yoshi’s Crafted World“ zu etwas ganz Besonderem machen und es visuell noch eine Scherenspitzer über den anderen, ohnehin stets hübschen Nintendo-Hüpfern positionieren. Der nicht nur auf Daddelkisten des Klempner-Konzerns spezialisierte Gamer wird durchaus optische Ähnlichkeiten zu „Little Big Planet“ oder „Tearaway“ erkennen, um dann doch wieder zugeben zu müssen: So raffiniert und liebevoll präsentierten sich interaktive Ausflüge in Bastel-Welten noch nie. Nicht ganz sauber ausgeschnittene Wolken hängen im Hintergrund an Fäden, Häuser sind aus Dosen und anderen Alltagsgegenständen zusammengebaut, Wasserfälle präsentieren sich aus blauem Stoff. Strohhalme, Yoghurtbecher, Murmeln und Wäscheklammern werden ganz selbstverständlich zu Umgebung verwurstet; Meeresbewohner bestehen aus Papptellern und Eimern, Frösche aus gefaltetem Papier und Lokomotiven aus Batterien und Teelichtern. Begegnungen dieser kreativen Art sind nicht nur als gelegentliche Leckerbissen über die Spielzeit verstreut, sondern die Regel. Nahezu jeder Schritt garantiert ein neues Wunder. Beinahe jeder Blick auf den Bildschirm sorgt für einen Glücksmoment.

Mit der Eisenbahn durch’s Bastelparadies. Es gibt schlechtere Orte.

© Nintendo

Auch das Gameplay steht ganz im Dienste des visuell Wunderbaren und sorgt dafür, dass wir noch tiefer in farbenfrohen Bastelutensilien versinken. Oft verlässt das Jump&Run sein 2D-Korsett: Wir werfen mit Yoshi nicht nur Eier auf Gegner oder Item-Wolken hinter, vor oder über ihm, sondern auch in den Vorder- und Hintergrund. Wege führen uns auf verschiedene Ebenen, Fahrzeuge nehmen uns mit auf ihren dreidimensionalen Strecken. Und jedes Level lädt uns dazu ein, hinter die Kulisse zu blicken.

Mit Themen wie Hafen, Garten, Vulkan, Ninja-Tempel und Ausgrabungsstätte wird ohnehin viel Abwechslung geboten. Doch die Suche nach drei versteckten Schnuffelchen dreht jedes Level noch einmal auf links. Nicht nur rennen wir vom Ende zum Anfang, auch die Kamera ist plötzlich auf der „falschen“ Seite positioniert. Und da der Pappwelten-Schöpfer damit offenbar nicht gerechnet hat, sehen wir nun noch nicht bemalte Milchkartons und Müslischachteln oder die Klebestreifen, die die Wolken am Himmel halten. „Yoshi’s Crafted World“ erschafft die Illusion einer perfekt stimmigen Welt gerade auch, weil es sie in gewisser Weise wieder einreißt. Alles ist nur gebastelt. Alles ist nur ein Spiel.

Blick hinter die Papp-Kulissen: Jedes Level kann auch rückwärts gespielt werden.

© Nintendo

Aber was für eines: Zwar werden Spieler, denen es nur darum geht, das Ende eines Levels zu erreichen, nicht allzu sehr gefordert – trotz der wahnwitzig inszenierten Bosskämpfe. Doch wer alle Sammelgegenstände finden möchte, wer überall 100 Prozent erreichen will, darf sich auf eine ziemliche Herausforderung einstellen. Und auf viele Durchgänge bereits hinter sich gebrachter Abschnitte. Klingt redundant, darf in diesem Fall aber als positive Eigenschaft verstanden werden. Denn die kunterbunten Welten mit all ihren vor Kreativität überschäumenden Schauwerten und Ideen laden geradezu dazu ein, immer wieder auf Neues aufmerksam zu werden, immer wieder neu zu staunen, immer wieder neu zu träumen.

Kurz und knapp:
„Yoshi’s Crafted World“ entführt uns in eine – in dieser Konsequenz einmalig umgesetzte – kunterbunte Bastelwelt und kann auch spielerisch mit dem klassischen Yoshi-Jump&Run-Rezept inklusive einiger raffinierter Gameplay-Experimente überzeugen.

9/10

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